Dienstag, 15. Dezember 2009

Das venezolanische Leben...

... schwer zu beschreiben. Facettenreich allenfalls. Nur - absolut nicht meine Welt, das kann ich nach guten 3 Monaten hier definitiv sagen.
Seit ich hier bin hab ich keine eigene Freiheit mehr, keine Sicherheit und kaum Selbstständigkeit. Anfangs war es noch ganz spannend, das alles zu sehen, selbst mitzuerleben, aber wenn es dann mal zu deinem eigenen Alltag wird und du anfängst, bzw. anfangen musst, dich daran zu gewöhnen, dann wirds ätzend, irgendwie monoton.
Mag sein als Jugendlicher ist das schlimmer, weil man kein Auto hast, zudem noch ich, als Mädchen, wo man eh vorsichtiger sein sollte, dennoch alle, wirklich unausgeschlossen alle Lehrer am Colegio sagen, es sei "so mal ganz interessant" für ein paar Jahre aber auf Dauer könnte hier keiner von ihnen leben. Ich genauso wenig.
Seit letzter Woche hab ich ja endlich Schlüssel, und seit einiger Zeit lassen sie mich jetzt auch mit dem Taxi fahren, sprich, ich bin wenigstens unabhängiger von meinen Gasteltern und davon, dass sie mich fahren. Dennoch ist das Taxi auf Dauer auch nicht billig, zudem noch fühl ich mich dermassen unwohl wenn ich im Taxi sitze. Angefangen gleich beim ersten Mal Taxifahren - ich komm ausm Haus raus, seh das Auto stehen und der Fahrer schaut mich an und hat ein fettes Grinsen aufm Gesicht. Miguelina, unser Hausmädchen, hat mir zuvor noch geasgt, ich soll einfach meinen Mund halten und so wenig wie möglich sagen. Wie es eben so kommt, ich steig ein, und er fängt fröhlich an mit mir zu reden, zu fragen woher ich komm, ich sei ja so hübsch, blablabla, das Übliche, das du hier von den Männern an Umschmeichelungen zu hören bekommst, ... und ich wollte einfach nur ankommen und aussteigen.

Letzten Freitag wars mal wieder seit langem ganz spassig, wenn mir auch nicht immer ganz wohl war.
Bin mit Eli abends ins San Ignacio, ein Centro Comercial, erst was trinken, dann ins Kino, 2012 (guter Film, echt mitreissend! :P), und später wollten wir in ne Bar, 360° heisst die, von wo aus man einen wunderschönen Blick über ganz Caracas haben soll. Mit dem Taxi sind wir dort hingefahren, die Gegend war recht unbewohnt und wenig Menschen auf der Strasse, wir sind ausgestiegen, und die Vigilancia (Wachmänner) dieses Hauses meinte, es sei geschlossen. Taxi war weg - wir standen allein da.
Dann sind wir gelaufen, paar Männer auf der anderen Strassenseite, pfeifend, starrend und rufend, haben wir ignoriert, bis wir dann glücklicherweise zu ner Kneipe gefunden haben, wo viele Menschen waren. Mir war sowas von unwohl, ehrlich. Und alle Bars oder Restaurants, wo wir vorbeigekommen sind, waren grade am Schliessen (nachts um 1, auch irgendwie ungewöhnlich für die "lateinamerikanische Kultur", die ja sonst wohl Nächte durchfeiert. Aber ich glaube, wir sind einfach an den falschen Plätzen).
In der Kneipe dann waren Leute wie du und ich, ganz normal, es war laute Musik und man hat das Bier aus der Flasche getrunken. Sehr ungewohnt, aber dort haben wir uns wohlgefühlt. Die Leute haben mitgesungen zu den Liedern die liefen und waren fröhlich, nicht gekünstelt, keine Frauen da die schon 30 OPs hinter sich haben, einfach ganz normal.
Angesprochen wurden wir trotzdem von ein paar Männern, die allerdings auch lange nicht so aufdringlich waren, wie die, die uns bisher sonst begegnet sind. Der erste hat die Abfuhr akzeptiert und ist dann aufrichtig wieder losgezogen und die nächsten waren recht nett, haben uns dann letztendlich auch noch eingeladen. Gegen halb 3 war ich zu Hause.

In der Bar hab ich mich wohl gefühlt wie schon länger nicht mehr. Ich habe grösstenteils durch die Schule nur mit schicken Leuten zu tun, meine Gastmutter ist ja genauso mehr oder weniger, sie hat nur ne menschlichere und nicht so gespielte Art an sich. An den Frauen ist nichts mehr echt, auch meine Gastmutter hat ihre dritte Brust-OP hinter sich und das ist absolut nicht mein Leben, da werd ich mich auch nicht anpassen. Wobei ich wirklich sagen muss, dass meine Gastmama auf keinen Fall zu diesen "Tussis" gehört, sie ist wirklich sehr normal im Gegensatz zu dem restlichen Grossteil.

Das war jetzt mal ein kleines Resumen, wie es mir die letzten Wochen so erging, ansonsten gibt es eigentlich nicht viel Neues, ich bin mal gespannt wie die Ferien werden und vor allem auf Weihnachten und Neujahr.
Wie gesagt, gewollt oder auch ungewollt habe ich mich jetzt an dieses Leben hier gewöhnt, dass Dinge für mich normal sind, die mir noch vor 3 Monaten kurios erschienen wären. Fotos hab ich die letzte Zeit nur sehr wenige gemacht.
In den letzten Wochen hab ich mein Zimmer ein wenig persönlicher eingerichtet, die Collagen und Bilder die ich bekommen hab aufgehängt, wir haben den Weihnachtsbaum geschmückt (auch so'ne Sache - total übefüllt, einfach viel zu viel, alles muss blinken und glitzern, ich finds S C H R E C K L I C H ! ), es war Patinata , so eine Art Weihnachtsmarkt in der Schule, einmal war ich mit Elisabeth im Club, wo ihre Familie jeden Nachmittag hingeht, und bei Marcella bin ich öfters zum babysitten. Tut immer gut, so ein bisschen rauszukommen und "heimzukommen" in eine deutsche Familie. Leider geht Elisabeth mit ihrer Familie bald für nen Monat nach Mexiko, und Marcella und ihre Familie werden Weihnachten und Neujahr auch in Deutschland feiern.

Das Wichtigste habe ich vergessen - Die Päckchen aus Deutschland sind angekommen! Und: Mein Gastvater hat endlich Zeit gefunden, sie abzuholen. Seit gestern haben wir die leckersten Plätzchen und Lebkuchen hier zu Hause, ich hab leckeren Tee , Ausstecherformen und Zutaten zum selbst backen.
Ich hab mich dermassen gefreut und den ganzen Tag nur gegessen! Danke nochmal Mama und Oma :)

So, ich hoffe das konnte jetzt einen neuen, kleinen Eindruck in mein derzeitiges Leben hier verschaffen! Sobald etwas passiert werd ich bloggen, mal schauen, wann das wieder sein wird.

2 Kommentare:

  1. Ja äh, wenn ich den text so les, krieg ich richtig bock auf gitarre spielen!
    Ansonsten äh, scheints da drüben ja echt scheisse zu sein, traurige angelegenheit irgendwie.
    Welcher depp den kommentar hier verfasst hat kann ich mir ja wohl sparen.
    Sag mir nie wieder ich soll nen kommentar schreiben, kommt eh nur scheisse bei raus.

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  2. Hei Annika!
    Hab mal heute die Zeit gefunden, deinen Blogg zu lesen..
    Klingt interessant und stimmt mit den Erfahrungen ueberein, die ich in 4 Wochen Urlaub gemacht habe!
    Ich wuensch dir auf jeden Fall, dass es bergauf geht, auch wenn du nicht wirklich die Lebensweise fuer dich uernehmen willst/kannst.
    Bei dir ist es wenigstens warm :P im Gegensatzt zu meine -12 Grad!
    Viele Gruesse Chrissi

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